Die Iraner reagierten unterschiedlich auf die Beruhrung mit dem Gedankengut der westlichen Moderne im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts, was Folge einer kulturellen, politisch-militarischen und sozialen Interaktion war. Die Reaktionen auf die Konfrontation mit dem westlichen Kulturgut kann auf 3 wesentliche Sichtweisen zuruckgefuhrt werden: Die erste fuhrte den Erfolg und den Fortschritt der iranischen Gesellschaft auf den Erwerb oder die Ubernahme westlicher Zivilisation zuruck, 2. ist die Sichtweise der Traditionalisten zu nennen, die den desolaten Status im Land auf die Missachtung religioser Lehren zuruckfuhrten und zur Wiedererweckung der religiosen Wahrheit aufriefen, sowie die 3. Sichtweise, die eine schlichtende Position einnahm und zwischen den religiosen Brauchen und einigen modernen Phanomenen vermittelte.Mirza Abd al-Rahim Talbof Tabrizi (1843-1911) gehorte der letzten Gruppe an. Der in Azerbajan geburtige Kaufmann ging als 16jahriger nach Tiflis, um Handel zu treiben. Dort wurde er mit der westlichen Literatur bekannt und widmete sich dem Studium der Werke europaischer Schriftsteller und Philosophen, nur um sich umso mehr auf padagogische, wissenschaftliche und philosophische Fragen zu konzentrieren. In seinen padagogischen Schriften erkennen wir seine Anstrengung, traditionelle Stromungen mit der Moderne zu versohnen. Sein Werk “Das Buch von Ahmad“, das von Rousseaus “Emile” beeinflusst ist, zeigt sehr schon, wie er sich eine solche Versohnung vorstellt: Talbof war der festen Uberzeugung, dass das Wissen uber “den Sinn von Zivilisation (Madaniyat), das heiBt Unterstutzung (Mo‘awenat), den Sinn von Kultur, das heiBt Erziehung (Tarbiyat) und den Sinn von Sozialisation, das heiBt Purifizierung der Sitten (Tahzib-e Akhlaq) “die Bedingungen dafur schafft, welche die “Spezifikation und Assimilation” der Iraner sichert. Talbof ist der Meinung, dass die Kenntnis der Iraner von der europaischen Padagogik auch aus diesem Grunde sehr wichtig ist, weil sie in deren Spiegel ihre eigenen Starken und Schwachen erkennen konnen.